Der Begriff Diabetes mellitus kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie "honigsüßer Durchfluss". Als Diabetes wird eine Gruppe von Stoffwechselerkrankungen bezeichnet, die allesamt zu erhöhten Blutzuckerwerten (Hyperglykämie) führen.
Normale und krankhafte Blutzuckerwerte
Der Blutzucker liegt normalerweise nüchtern unter 100 mg/dl (Milligramm pro Deziliter). Er steigt nach dem Essen (postprandial) auf maximal 140 mg/dl an. Werte darüber können auf eine gestörte Zuckerverwertung (gestörte Glukosetoleranz) oder einen Diabetes mellitus hindeuten. Um dies herauszufinden, ist ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) nötig.
Die hohen Blutzuckerwerte bei langjährigem Diabetes mellitus führen zu Folgeerkrankungen, vorwiegend an Augen, Nieren, Nervensystem, Herz, Gehirn und Gefäßen.
Es gibt zwei wesentliche Formen des Diabetes:
• Typ-1-Diabetes
Typ-1-Diabetes entsteht durch einen Mangel an dem Hormon Insulin. Körpereigene Abwehrstoffe (Antikörper) zerstören die Insulin produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse. Dies ist der klassische Insulinmangel-Diabetes, der in der Regel schon im Kindes- oder Jugendalter beginnt. Er wurde daher früher auch jugendlicher (oder juveniler) Diabetes genannt.
• Typ-2-Diabetes
Typ-2-Diabetes entsteht zum einen durch eine verminderte Empfindlichkeit der Körperzellen für Insulin (Insulinresistenz). Zum anderen führt eine jahrelange Überproduktion von Insulin zu einer "Erschöpfung" der Insulin produzierenden Zellen. Typ-2-Diabetes wurde früher auch als Altersdiabetes bezeichnet, da er meist erst im Erwachsenenalter beginnt. Heute trifft der Altersdiabetes aber auch bereits übergewichtige Jugendliche und sogar Kinder.
Der Typ-2-Diabetes ist die häufigste Form des Diabetes mellitus. Er macht über 90 Prozent der Diabetes-Erkrankungen in Deutschland aus. Beide Diabetes-Formen (Typ-1 und Typ-2) können familiär gehäuft vorkommen.
Typ-1-Diabetes | Typ-2-Diabetes | |
Häufigkeit | ca. 5 % aller Diabetes-Fälle | > 90 % aller Diabetes-Fälle |
Entstehung | Insulinmangel aufgrund Autoimmunerkrankung (Antikörper zerstören Insulin-produzierende Zellen) | Insulinresistenz (Körperzellen zunehmend unempfindlich gegenüber Insulin) bzw. gestörte Insulinausschüttung |
Beginn | meist im Kindes- oder Jugendalter | meist im Erwachsenenalter |
Familiäre Häufung | gering | typisch |
Körpergewicht | meist normalgewichtig | meist übergewichtig |
Stoffwechsel | labil | stabil |
Therapie |
lebenslange Insulintherapie |
Gewichtsabnahme, mehr Bewegung, Ernährungsumstellung, orale Blutzuckersenker; Insulintherapie erst als letzte Option |
Der Schwangerschaftsdiabetes wird auch als Typ-4-Diabetes, die anderen seltenen Diabetesformen (wie sekundärer, LADA- und MODY-Diabetes) als Typ-3-Diabetes bezeichnet.
• Sekundärer Diabetes
Ein sekundärer Diabetes kommt sehr selten vor und ist die Folge anderer Krankheiten.
Dazu zählen:
Ursache | Beschreibung |
Erkrankung der Bauchspeicheldrüse |
Eine chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse (chronische Pankreatitis) kann zu einem Funktionsverlust der Bauchspeicheldrüse führen. Die
Hauptursache der chronischen Pankreatitis ist der Alkoholmissbrauch. Ein Diabetes entwickelt sich aber erst, wenn etwa 90 Prozent der Insulin produzierenden Zellen zerstört
sind. |
Erkrankungen der hormonproduzierenden Drüsen |
Viele Hormone erhöhen den Zuckerspiegel im Blut. Dazu zählen beispielsweise Schilddrüsen- und Wachstumshormone oder Kortison. Bildet der Körper
krankheitsbedingt zu viel von diesen Hormonen, kann es zu einem Diabetes kommen. Mögliche ursächliche Krankheiten sind eine Schilddrüsenüberfunktion, ein Cushing-Syndrom oder die
Überproduktion von Wachstumshormonen (Akromegalie). |
Medikamente | Bestimmte Medikamente können zu Diabetes führen (diabetogene Medikamente). So kann etwa die langjährige Einnahme von Kortison ein exogenes Cushing-Syndrom verursachen und der Grund für die Entwicklung von Diabetes sein. Weitere Medikamente, die als Nebenwirkung einen Diabetes verursachen können, sind beispielsweise Schilddrüsenhormone oder bestimmte Entwässerungsmittel (Thiazid-Diuretika). |
• Schwangerschaftsdiabetes
Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) tritt während der Schwangerschaft auf und verschwindet dann meist wieder. Er zählt zu den häufigsten schwangerschaftsbegleitenden Erkrankungen und tritt bei etwa drei Prozent aller Schwangeren auf. Frauen, die während einer Schwangerschaft an dieser Form des Diabetes leiden, entwickeln in den folgenden Jahren häufig einen Typ-2 Diabetes.
• LADA-Diabetes
LADA-Diabetes (Latent Autoimmune Diabetes of Adults) ist eine Sonderform des Diabetes mellitus vom Typ 1. Betroffen sind vor allem Menschen im Alter zwischen 25 und 40 Jahren. Häufig lässt sich diese Diabetes-Form über mehrere Monate bis Jahre mit einer Diät oder Tabletten behandeln. Ansonsten weist LADA alle übrigen Merkmale eines Typ-1-Diabetes auf. Im Blut sind Antikörper nachweisbar, welche die Insulin produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse zerstören.
• MODY-Diabetes
Bei MODY (Maturity Onset Diabetes of the Young) handelt es sich um eine Form der Diabetes, die sich bei jungen Menschen (unter 25 Jahren) entwickelt. MODY ist selten; nur etwa jeder hundertste Diabetiker ist von ihr betroffen. Ursache sind bestimmte Gen-Defekte. MODY-Diabetes ist daher vererbbar. Der Verlauf ist mild - die Zellen der Bauchspeicheldrüse produzieren meist noch viele Jahre lang Insulin.
Dr. med. Beate Eigler